Wie sich Profi-Teams auf die Giro vorbereiten

Mit dem bevorstehenden Giro d’Italia haben viele Profiteams ihren Blick auf die ikonische Trophäe fokussiert: die „Trofeo Senza Fine“. Astana – Premier Tech hat die Giro in den letzten 13 Jahren dreimal gewonnen und reist mit einem jungen, aber talentierten Team nach Italien. Wir zeigen euch, wie sich das Team und die Fahrer auf diese Grand Tour vorbereitet haben und was nötig ist, um sie gewinnen zu können.

Dmitry Fofonov, Team Performance Manager des kasachisch-kanadischen Teams, blickt zurück auf den Gewinn der rosa Trikots. „Es war fantastisch! Vor allem als Vincenzo Nibali 2016 zum zweiten Mal die Giro gewann, das war etwas ganz Besonderes. Er war eine Klasse für sich und wir hatten ein sehr starkes Team mit Jakob Fuglsang, Tanel Kangert und natürlich dem verstorbenen Michele Scarponi.“ Der Niederländer Steven Kruijswijk war auf dem besten Weg, die Giro zu gewinnen und das Maglia Rosa mit nach Hause zu nehmen, aber er stürzte auf der 19. „Das war eine unglaubliche Etappe, die das gesamte Rennen auf den Kopf gestellt hat. Scarponi war in der Ausreißergruppe, wartete aber nach dem Sturz auf Nibali, um ihm im Kampf um die Gesamtwertung (GC) zu unterstützen.“

In diesem Jahr legt das Team seine Giro-Hoffnungen auf den jungen talentierten Aleksandr Vlasov aus Russland. Bei der Tour of the Alps belegte er den dritten Platz. Das Etappenrennen gilt als Generalprobe für die italienische Grand Tour. Begleitet wird er bei der Giro von einem jungen talentierten Team. Luis León Sánchez ist der Älteste im Kader, bringt aber mit beeindruckenden 24 Grand Tours eine Menge Erfahrung in das Team mit ein. Doch wie und wann wurde dieses Team für den Giro ausgewählt? Dafür müssen wir die Uhr ein paar Monate zurückdrehen.

Zusammenstellen eines Grand Tour Teams

Bereits im November beginnt das Team einen Plan für die kommende Saison zu erstellen. „Zu dem Moment, in dem die Saison für die Fahrer endet, beginnen für die Mitarbeiter des Teams die Vorbereitungen für die neue Saison und Pläne zu erstellen, Trainingslager zu konzipieren, usw.“ erklärt Fofonov. Es gibt viele Arten von Rennen im Kalender, aber Astana – Premier Tech konzentriert sich auf Etappenrennen und die Grand Tours. „Sobald die Strecke und die Etappen der Grand Tours vorgestellt werden weiß man, was einen erwartet und wie herausfordernd die Rennen werden. Dazu gehört zum Beispiel, wie viele schwere Anstiege oder wie viel Zeitrennen dabei sein werden, solche Dinge. Dann schaut man welche Charaktereigenschaften die GC-Fahrer mitbringen, um die Fahrerauswahl dementsprechend anzupassen und so das bestmögliche Team für die Grand Tour zusammenzustellen. Neben den Fahrern besteht ein Team auch aus Trainer, Sportdirektor, Arzt, Ernährungsberater, Mechaniker usw.“

Bei der Zusammenstellung des Teams geht es immer um die richtige Balance. Manche Teams haben zwei GC-Fahrer für eine Grand Tour, aber Astana – Premier Tech zieht es vor, sich auf einen zu konzentrieren. Sobald der GC-Fahrer ausgewählt wurde, baut der Stab das gesamte Team um ihn herum auf. Die anderen Fahrer müssen ihn so gut es nur geht unterstützen. „Die Zusammensetzung des Teams richtet sich nach den Etappen der Grand Tour. Wenn es viele Flachetappen gibt, braucht man Fahrer die hier ihre Stärken in diesen flachen Strecken haben, um den GC-Fahrer auf diese Weise helfen zu können. Das Gleiche gilt natürlich auch für die Berge. Außerdem hängt es davon ab, wie man das Rennen fahren will: Willst du folgen oder angreifen“, erklärt Fofonov. Obwohl ein WorldTour-Team insgesamt nur 8 Fahrer zu einer Grand Tour mitbringen kann, ist die Auswahl der Fahrer zu Beginn der Teamzusammenstellung größer. „Normalerweise beginnt man mit 14 Fahrern und wählt im Laufe der Saison die besten Fahrer aus, die dann den GC-Fahrer bei der Grand Tour unterstützen. Auf dem Papier ist es allerdings immer etwas anders als dann später in der Realität.

Manchmal muss man in letzter Minute reagieren und das Team anpassen, zum Beispiel weil sich das Programm ändert, ein Fahrer krank wird oder sich verletzt. Auf solche Aspekte muss man vorbereitet sein. Das alles perfekt läuft, die Situation gibt es leider nicht wirklich.“ Um sicherzustellen, dass jeder Fahrer des Teams während des Giro in Bestform ist, haben sie alle einen spezifischen Trainingsplan, der auf ihrer Rolle basiert. Für einige bedeutet das, dass sie sich auf die flachen Straßen konzentrieren müssen, für andere sind es die Berge oder die Unterstützung des GC-Fahrers im Finale einer Etappe.

Mit Daten von Garmin punkten

Während des Auswahlprozesses taucht das Team auch tief in die Daten der Garmin-Geräte ein, die ihre Fahrer verwenden. „Sie beginnen kein Training mehr ohne Garmin. Es ist Teil ihres Tagesablaufs und schon wie das Handy in der Tasche. Garmin ist überall im Team, nicht nur bei den Profifahrern, sondern auch bei den Trainern, Sportdirektoren usw. Wir analysieren alle Daten von jedem Training und allen Rennen mit TrainingPeaks®. Nicht nur die Leistungsdaten, sondern auch Dinge wie die Anzahl der verbrannten Kalorien, damit wir das mit unserem Ernährungsberater besprechen können. Außerdem laden wir vor einem Training oder Rennen auch die Strecke hoch, damit die Fahrer sich nicht verfahren. Einfach gesagt: Unsere Fahrer bewegen sich heute nicht mehr ohne ihre Garmin-Geräte.“

Auch die endgültige Auswahl des Kaders für eine Grand Tour wie den Giro basiert auf Daten. „Früher konnte ein Fahrer sagen, dass er in der Form seines Lebens war, aber man war sich nie sicher. Heute benutzen sie alle ein Garmin-Gerät, so haben wir alle Daten. Wie hat er trainiert, wie fühlt er sich, ist er erholt oder müde?“ Die Fahrer werden rechtzeitig informiert ob sie ausgewählt werden oder nicht, damit sie sich voll und ganz auf das Fahren der Grand Tour konzentrieren können. Die ersten 5 Fahrer haben bereits eine Garantie, den Giro ab November zu fahren; die letzten Fahrer werden nach den letzten Etappenrennen wie der Tour of the Alps und der Tour de Romandie ausgewählt.

Wie gewinnt man eine Grand Tour?

Viele Teams und GC-Fahrer wollen eine Grand Tour gewinnen. Jeder bereitet sich so gut es geht vor, will während der Etappen Probleme vermeiden und die letzte Woche so stark wie möglich abschließen. Aber was ist das große Geheimnis, was macht den Unterschied um am Ende auf der obersten Stufe des Podiums zu stehen? „Radsport ist eigentlich sehr einfach, man muss nur als Erster ins Ziel kommen“, lacht Fofonov. „Aber Scherz beiseite, man braucht ein sehr, sehr starkes Team. Nicht nur die Fahrer, sondern das ganze Kollektiv muss zusammenpassen. Das Personal und die Leute, die man nicht um sich herum sieht, wie die Trainer, Osteopathen, Masseure, Ernährungsberater, die Mechaniker. Jeder und jedes einzelne Detail zählt wenn man gewinnen will.“

Natürlich ist da auch noch der mentale Teil während der immer stressigen Grand Tours. Gerade im Kampf um die Gesamtwertung hat das einen großen Einfluss und kann zwischen Sieg oder Niederlage entscheiden. „Die Mentalität ist sehr wichtig. Wenn die nicht stimmt, kann man nicht erfolgreich sein. Man muss stark sein, besonders in der dritten Woche. Das ist dann auch eine Frage des Charakters der Fahrer. Vlasov ist noch ein junger Fahrer, aber er hat einen guten Charakter und ist fokussiert. Er weiß, was er will.“

Was erwartet das Team von Vlasov beim kommenden Giro? „Jeder der startet hat eine Chance zu gewinnen. Zumindest gilt das für die GC-Fahrer. Wir haben einen sehr starken Leistungsplan und kämpfen um die besten Platzierungen. Natürlich wollen wir gewinnen und haben in der Vergangenheit auch schon bewiesen, dass wir das können. Warum also nicht? Ein Rennen ist ein Rennen und der beste Fahrer gewinnt. Wir versuchen das Maximum herauszuholen“, schloss Fofonov.

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