Warum Multiband-Frequenz? Q&A mit Garmin Engineer Jared Bancroft

Abenteurer verwenden Garmin-GPS-Handgeräte bereits seit Jahrzehnten. Von Geräten mit Tastenbedienung bis zu Geräten mit Touchscreens, von kleinen und kompakten Geräten bis zu Geräten mit großen Displays – Garmin hat eine große Auswahl widerstandsfähiger GPS-Geräte für jede Aktivität im Angebot. Als einer der Branchenführer für diese Technologie, haben wir bei unseren neuen Outdoor-Navigationsgeräten die Verwendung mehrerer Satelliten- bzw. Multi-Frequenzen eingeführt. Die Multi-Technologie ermöglicht eine bessere, stärkere und genauere Positionserkennung als es bei Empfängern der vorherigen Generation möglich war. Dadurch wird die Genauigkeit des Trackings in schwierigen Umgebungen optimiert, wenn beispielsweise die Signale von Wänden oder Schluchten reflektiert werden oder wenn das Signal zum Beispiel von Bäumen blockiert wird.

Wir haben Jared Bancroft, Engineer bei Garmin, gebeten, noch mehr Informationen mit uns zu teilen und uns von der Geschichte dieser Technologie zu berichten und genauer auf die Vorteile einzugehen, die Multi-Frequenzen mit sich bringen.

Warum hat sich Garmin dafür entschieden, die Multi-Frequenzen in die Handgeräte aufzunehmen?

Bei der ursprünglichen Entwicklung von GPS wurden zwei Frequenzen genutzt: L1 und L2. L1 war öffentlich, kostenlos und wurde als Hauptfrequenz von der Zivilbevölkerung verwendet. Die zweite Frequenz (L2) war der Verwendung durch das Militär vorbehalten und konnte nur mit einem Verschlüsselungsschlüssel genutzt werden. Im Laufe der letzten 40 Jahre hat die GPS-Community erkannt, dass sie die Signale modernisieren könnten, um die Genauigkeit für die Zivilbevölkerung zu erhöhen, während das Militär aber gleichzeitig seine erforderlichen Vorteile beibehalten würde. So wurde dem GPS eine zusätzliche Frequenz hinzugefügt (L5) und Satelliten mit dieser Technologie wurden im Jahr 2009 gestartet. Die Eigenschaften des modernen L5-Signals sind besser als die des L1-Signals und zusammen bieten sie eine höhere Genauigkeit als zuvor. Bei Verwendung des L5-Signals kann der Empfänger fortschrittlichere Methoden einsetzen, um zu ermitteln, welche Signale weniger Fehler aufweisen. Dadurch wird die Positionsgenauigkeit erhöht.

Warum wurden Multi-Frequenzen nicht schon vorher von Garmin in Geräten integriert? Warum jetzt?

Die US Air Force (insbesondere die Space Force) ist für die Satellitenkonstellation verantwortlich. Irgendwann fallen die Satelliten aus und müssen ersetzt werden. Anstatt direkt nach einem Versagen einen Satelliten zu starten, hat die Air Force aktive Ersatzsatelliten in Reserve, sodass sie auch bei einem Satellitenversagen weiterhin über eine vollständige Konstellation verfügt. Wenn ältere Satelliten ausfallen, dann werden sie in ihren letzten Orbit manövriert und neue Satelliten nehmen ihren Platz ein. Obwohl L5-Satelliten ab 2009 gestartet wurden, dauerte es viele Jahre, um entsprechende Satelliten hinzuzufügen. Die allmähliche Aufnahme neuer, modernisierter Satelliten zeigte langsam Wirkung. Sogar heute noch senden einige GPS-Satelliten keine L5-Signale und benötigen am Ende ihrer Nutzungsdauer ein Upgrade. Im März 2021 unterstützten ca. 52 % der GPS-Satelliten L5-Signale. Wir gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2023 ca. 71 % L5-Signale unterstützen werden. (Das hängt natürlich von der Space Force ab.)

Welche Vorzüge bietet die Multi-Technologie den Nutzern im Hinblick auf die GPS-Genauigkeit?

Der Hauptvorteil eines Handgeräts mit Multi-Frequenz zeigt sich in Gebieten, in denen GPS-Signale zwar empfangen werden können, jedoch sehr schwach sind. In diesen Fällen muss der Empfänger entscheiden, was Reflexionen sind und was direkte Sichtliniensignale sind. Bei der Positionserkennung führen reflektierte Signale zu ungenauen Distanzen zum Satelliten. Wenn diese ungenauen Distanzen verwendet werden, kann die Position hin und her springen, von der Strecke abweichen oder einfach sinnlos erscheinen, da die Daten nicht übereinstimmen. In diesen Fällen bietet L5 eine höhere Kontinuität und Genauigkeit als ein Gerät mit dem herkömmlichen L1-Signal. Natürlich ist das GPS nicht unfehlbar und das Signal funktioniert nicht in allen Umgebungen. Im Allgemeinen wird dies aber eine willkommene Verbesserung darstellen.

In welchen Situation ist die Verwendung eines Multiband-Handgeräts angebracht?

Wenn es wirklich auf die Genauigkeit ankommt, ist ein L5-Signal erforderlich. Ein weiterer, oft nicht erwähnter Vorteil ist die Zuverlässigkeit. Die Zuverlässigkeit ist das mathematische Vertrauen in die Genauigkeitszahlen, welche dir der Empfänger liefert. Die Genauigkeit gilt im Allgemeinen als Fehler vom wahren Punkt. Wenn der Empfänger jedoch den genauen Fehler vom wahren Punkt kennen würde, würde er einfach den wahren Punkt bereitstellen. Stattdessen nutzt der Empfänger die Messkontinuität, um anzugeben, wie genau die Position ist. Die Kontinuität zwischen den Messungen gibt die Zuverlässigkeit an. Wenn alle Messungen übereinstimmen, ist gewöhnlich davon auszugehen, dass eine verlässliche und zuverlässige Lösung vorliegt. Falls die Messungen nicht übereinstimmen, könnte an der Genauigkeit gezweifelt werde. Im Allgemeinen gibt es einen Trade-off zwischen Genauigkeit und Zuverlässigkeit. Zum Erzielen einer höheren Zuverlässigkeit (bzw. eines höheren Vertrauens) muss gewöhnlich eine weniger genaue Messgröße angegeben werden. An den vom Empfänger verarbeiteten Koordinaten ändert dies nichts. Es beeinflusst lediglich das Vertrauen des Empfängers in diese Koordinaten.

Stelle dir z.B. ein Flugzeug vor, das über den Ozean fliegt. Die geschätzte Genauigkeit des Empfängers könnte drei Meter betragen. Ein wichtigerer Aspekt ist jedoch, wie zuverlässig diese Zahl von drei Metern ist. In der Luftfahrt ist die Zuverlässigkeit der Lösung oft wichtiger als ihre Genauigkeit. Wenn also die Zuversichtlichkeit gering und ihre Verwendung dadurch etwas riskanter ist, kann der Pilot eine alternative Navigationsquelle verwenden. Wenn die Zuverlässigkeit hoch ist, kann der Pilot entscheiden, dass die vorliegende Genauigkeit für die jeweilige Aufgabe (das Landen oder die Navigation durch den Luftraum usw.) ausreichend ist.

Bei der Multiband-Technologie sind mehr Informationen verfügbar, was im Allgemeinen zu einer höheren Zuverlässigkeit der Lösung führt. So ist das Vertrauen in die Lösung höher als sie es andernfalls gewesen wäre.

Bedeutet das, dass andere Garmin-Geräte nicht genau sind?

Garmin-Geräte zählen zu den genauesten, die Verbraucher kaufen können. Die Multi-Frequenz-Technologie ist lediglich eine Optimierung. Andere Navigationssatelliten bieten auch L5-Signale. Sowohl das europäische Galileo-System als auch das chinesische BeiDou-System nutzen ähnliche L5-Signale. Auf diese Weise können Geräte mehrere Systeme nutzen und die Genauigkeit und Zuverlässigkeit dadurch weiter steigern. Zum Erzielen der besten Ergebnisse sollten alle vom Produkt unterstützten GNSS-Systeme verwendet werden, wenn die höchstmögliche Genauigkeit erreicht werden soll.

Garmin bietet derzeit drei Handgeräte mit Multiband-Frequenzen an: GPSMAP® 65, GPSMAP® 65s und GPSMAP® 66sr. Wenn du alle Garmin-Handgerätserien sehen möchtest, besuche Garmin.com/handhelds.